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Der Fabricius-Stein

In einem Tal unterhalb des Bommeraner Friedhofs floss früher der Bach „Deipenbecke“, der heute weitgehend verrohrt und im Kanalnetz verschwunden ist (siehe Bommeraner April 2020).

Dort steht zu Ehren von Johannes Fabricius ein Gedenkstein, vor dem jährlich einmal im Sommer die evangelische Kirchengemeinde einen Open-Air-Gottesdienst feiert. Seit 100 Jahren erinnert man so an einen ehemaligen Wengeraner und gleichzeitig Bommeraner Pfarrer, der 1636 genau hier im Tal der Deipenbecke im Freien predigte.

Pfarrer Fabricius

Johannes Schmidt, genannt Fabricius (1545-1639) ist heute noch als der Prediger im Deipenbecke-Tal bekannt, verdient es aber auch als herausragende Persönlichkeit beleuchtet zu werden. Er zeichnete sich „in wissenschaftlicher Hinsicht, besonders in der Beherrschung der lateinischen Sprache“ aus. Der Historiker von Steinen nennt eine Reihe von Fabricius‘ wissenschaftlichen als auch dichterischen Werken.

Fabricius als Hüter kirchlicher Regeln

Er genoss nicht nur als Prediger und als Schulmeister großes Ansehen, er achtete auch streng auf die Einhaltung der kirchlichen Regeln und Sitten. So kritisierte er jede Form von „Sabbatschänderei“, „Fastnachtstreiben“ und wüste Gelage in der Wengeraner Kirche, sowie Störungen des Gottesdienstes, was ihm jedoch viele Anfeindungen einbrachte.

Ausgerechnet der katholische Adlige Robert Stael von Holstein (1605?-1665) auf Steinhausen verteidigte Fabricius und nahm ihn in Schutz. Der Pfarrer würdigte diese Unterstützung durch ein lateinisches Gedicht. (Robert Stael von Holstein ist uns heute noch präsent als der Erbauer der Kapelle auf Steinhausen.)

Kämpfer für den Protestantismus

1612 fand die erste lutherische Synode für die Grafschaft Mark in Unna statt. Johannes Fabricius vertrat dort seine Gemeinde als Pfarrer und Dekan und unterzeichnete ein Dokument, in dem sich die Teilnehmer der „Augsburgischen Confession“ (Augsburger Bekenntnis) verpflichteten, der ersten offiziellen Festlegung der protestantischen Reformation durch Luther.

Eine ernste Bewährungsprobe hatte der Pfarrer 1629 zu bestehen. Der Jesuit Boos versuchte mit Unterstützung des Landesherren in Wengern die Reformation sozusagen rückgängig zu machen. Papst Klemens XIV. hatte die Gründung des Jesuitenordens ganz speziell mit der „Bekehrung der Ketzer“ (der Protestanten) verbunden. Es wurden Fragen aufgeworfen, „wie die Evangelischen zu der Kirche gekommen seien“ (die ja vormals ein katholisches Gotteshaus war) und wer „den Pastor gewählt und bestätigt habe“. Solche Versuche der Gegenreformation hatten auch andere evangelischen Gemeinden abzuwehren. Wie man sich erfolgreich verteidigte, ist nicht bekannt, auf jeden Fall blieben Fabricius und seine Gemeinde ungeschoren.

Kriegswirren

Die Zeit des 30-jährigen Krieges brachte viel Unheil auch über unsere Region. Fremde Heere und marodierende Söldner mordeten, plünderten und drangsalierten die Bevölkerung. Im August 1634 trieben lothringische Soldaten in Wengern ihr Unwesen. Fabricius hatte sich mit den Seinen im steinernen Pfarrhaus verschanzt. Sein Sohn Henrich versuchte, am Fenster mit den Belagerern zu verhandeln und wurde dabei erschossen. Der junge Magister war bereits die rechte Hand des Pfarrers und sollte eigentlich dessen Nachfolge antreten.

Die Pest

Kurz darauf wurde Wengern von der Pest heimgesucht. Die Bommeraner Christen trauten sich nicht mehr in die dortige Kirche. Pfarrer Fabricius – inzwischen 91-jährig – hielt für seine Bommeraner Schäfchen in dieser Zeit an der Grenze zwischen Bommern und Wengern im Tal der Deipenbecke Gottesdienste im Freien, bis die Pest schließlich auch Bommern erreichte. Dies ist der Ursprung des jährlichen Gedenkgottesdienstes der evangelischen Gemeinde.

Der Gedenkstein

1843 wurde an dieser Stelle ein einfacher Gedenkstein aufgestellt: JOHANNES FABRICIUS 1636. Dieser versank jedoch im sumpfigen Untergrund und wurde 1921 von zwei Lehrern; Karl Siepmann und Andreas Blesken und ihren Schülern, freigelegt, und er erhielt einen soliden gemauerten Sockel mit zwei Inschriften:

„HIER PREDIGTE DER 91-JÄHRIGE PFARRER JOH. FABRICIUS ZUR ZEIT DER PEST 1636 EVANGELIUM. 12.7.1936“

„GEDENKET AN EURE LEHRER DIE EUCH DAS WORT GOTTES GESAGT HABEN. IHR ENDE SCHAUET AN UND FOLGET IHREM GLAUBEN NACH. HEBR 13  7“

Bericht von Dieter Schidt

Quellen: Andreas Blesken, Geschichte der ev. Kirchengemeinde Wengern; Joh. Diedr. von Steinen, Westfälische Geschichte

Foto: Dieter Schidt (Gedenkstein)

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